Orecchiette – kleine Öhrchen als Apuliens Nationalgericht

Perfekt zu Öl, Peperoncino, Knoblauch, Brokkoli oder Sardellen. Die „kleinen Öhrchen“, besser bekannt als Orecchiette sind das Symbol der Hauptstadt der italienischen Region Apulien, Bari, an der Adria. Geliebt werden sie jedoch in ganz Apulien, weshalb sie gerne auch als Orecchiette pugliesi bezeichnet werden und dort mehr oder weniger als köstliches Nationalgericht gelten.

Doch auch über die Grenzen Italiens hinaus finden die Nudeln in zahlreichen Rezepten ihren Platz. Sie können sowohl aus Teig frisch hergestellt als auch getrocknet gekauft werden.

Was ist Orecchiette und wie sieht sie aus?

Orecchiette ist eine Nudelsorte, die an kleine Hüte oder Öhrchen erinnert. Manche denken bei der Form auch an Muscheln, Schnecken oder sogar an Raumschiffe. Jede Nudel ist zwei bis drei Zentimeter groß, leicht hohl mit einem etwas dickeren, umlaufenden Rand. Die Oberfläche ist ein wenig faltig.

Wo kommt die Orecchiette her?

Die Orecchiette sind das Symbol der italienischen Stadt Bari.

Die Orecchiette sind das Symbol der italienischen Stadt Bari.

Was für eine Frage? Aus Apulien! Oder? Nun, an der naheliegenden Vermutung gibt es berechtigte Zweifel. In der Tat nimmt man an, dass die Orecchiette ihre Ursprünge in der Provence hat, wo die Nudel bereits im frühen Mittelalter auf dem Speiseplan stand. Mit Seeleuten kam die getrocknete Pasta vermutlich im 12. Jahrhundert nach Apulien, wo man die Vorzüge der Nudeln in der Hafenstadt Bari schnell erkannte und die Orecchiette rasant an Beliebtheit gewann. Und so dauerte es nicht lange, bis die Nudel zum Nationalgericht der Region ernannt wurde und sich in ganz Italien und Europa verbreitete. Übrigens auch (wieder) in Frankreich, wo die Orecchiette heute als typisch italienisch gilt.

Läuft man heute in Bari Vecchia durch die Gasse Arco Basso, so trifft man auch im 21. Jahrhundert noch auf viele Frauen, die dort die berühmte Pasta Apuliens vor ihren Häusern frisch aus Teig produzieren und dabei nicht selten von Touristen beobachtet werden. Die Frauen stellen die Pasta dort nicht nur für ihren Eigenbedarf her, sondern beliefern auch Restaurants in der Umgebung.

Wie wird Orecchiette hergestellt?

Die Orecchiette ist eine Nudel aus Hartweizengrieß (semola di grano duro), die traditionell von Hand gefertigt wird. Eier haben in den Nudeln aus Apulien nichts zu suchen.

Rezept um Orecchiette selber zu machen

Orecchiette pugliesi selbst zu machen, ist nicht schwierig und bedarf im süditalienischen Originalrezept nur weniger Zutaten.

Für den Nudelteig

Zutaten:

  • Hartweizengrieß
  • Warmes Wasser
  • Salz (ca. 1 TL)

Zubereitung des Nudelteigs

  1. Geben Sie 400 Gramm Hartweizengrieß (semola di grano duro) in eine Schüssel und geben Sie dann eine Prise Salz hinzu.
  2. Formen Sie in den Grieß einen kleinen Krater.
  3. Geben Sie 1 dl Wasser in den geformten Krater.
  4. Kneten Sie den Teig mindestens zehn Minuten.
  5. Lassen Sie den Teig eine Viertelstunde ruhen.

Zubereitung der Orecchiette

  1. Nehmen Sie vom Teig ein Stück ab und rollen Sie auf dem Teigbrett aus dem Teigstück einen maximal zwei Zentimeter dicken Strang.
  2. Teilen Sie das Teigstück mit einem Messer, indem Sie etwa 0,5 bis 1 Zentimeter breite Stücke abschneiden.
  3. Formen Sie aus jedem Teigstück mit dem Daumen durch Umstülpen jede einzelne Nudel. Der Rand darf hier ruhig etwas dicker sein.
  4. Lassen Sie die Nudeln über Nacht auf dem Teigbrett ruhen. Wenden Sie sie im Idealfall während der Ruhezeit nach zwei bis drei Stunden.

Am nächsten Tag (oder wenn es schnell gehen muss auch direkt frisch nach Zubereitung) können Sie die Pasta in Salzwasser kochen. Prüfen Sie beim Kochen alle paar Minuten, ob die Pasta im Kochwasser bereits „al dente“ ist, damit Sie das Wasser rechtzeitig abgießen können. Die Zubereitungszeit im Nudelwasser bis zum Kochzeitende unterscheidet sich je nach Größe und Dicke. Auch ob die Pasta frisch verarbeitet oder zuvor getrocknet wurde, hat Auswirkungen auf die Kochzeit. Es ist daher gut, dass Nudelwasser immer im Blick zu haben, damit die Nudeln schön “al dente” werden und die Qualität nicht leidet. Ist die Pasta frisch, muss sie weniger lang im Nudelwasser kochen um “al dente” zu werden, als wenn sie getrocknet im Nudelwasser zubereitet wird.

Womit lässt sich die Nudel gut kombinieren?

Zur Nudel schmeckt eine kräftige Sauce mit viel grob geschnittenem (grünem) Gemüse, wie Brokkoli, Erbsen, Rucola, Minze oder dem traditionellen Cima di rapa. Aber auch Meeresfrüchte wie Jakobsmuscheln, Chili, Knoblauch oder braune Butter harmonieren hervorragend mit der Pasta.

Traditionelle Gerichte

Orecchiette wird in Apulien traditionell mit Stängelkohl gereicht. Es handelt sich dabei um eine Pflanze aus der Familie der Kreuzblütler, die man in Italien als Rappa oder Cima di Rapa kennt. Der Stängelkohl wird in Süditalien vor allem in Kampanien und Apulien angebaut. Hierzulande ist es ein wenig schwierig, das Gemüse zu erwerben. Mit Glück können Sie es auf Wochenmärkten, in auf mediterrane Gerichte spezialisierten Geschäften oder in Feinkostläden im Glas erwerben.

Typisch apulisches Rezept für Orecchiette con le cima di rapa

Ein apulisches Gericht: Orecchiette con le cima di rapa.

Ein apulisches Gericht: Orecchiette con le cima di rapa.

Cima di rapa ist mit Orecchiette untrennbar verbunden und hat einen würzigen Geschmack, der aber auch ein wenig bitter sein kann. Verwendet werden können die Stiele, die Blätter und die Blüten. Gelbe Blätter und holzige Stiele sollten Sie natürlich abschneiden.

Hinweis: Stängelkohl ist mit dem Brokkoli verwandt und Sie können bei der Zubereitung des Rezepts notfalls auch diesen verwenden. Die Menge reicht für etwa vier Portionen. Die Zubereitungszeit beträgt etwa eine halbe Stunde.

Zutaten

  • 500 Gramm Cima di rapa (oder Brokkoli)
  • 250 Gramm Orecchiette
  • 3 EL Olivenöl
  • 3 Sardellen (in Öl)
  • 2 Knoblauchzehen
  • Salz, Peperoncino

Zubereitung

  1. Geben Sie zwei Liter Wasser in einen ausreichend bemessenen Topf und erzeugen Sie durch Zugabe von einer Handvoll Salz, Salzwasser. Bringen Sie das Nudelwasser bei entsprechender Hitze zum Kochen.
  2. Waschen Sie den Stängelkohl und trennen Sie die Blüten und Blätter vom Rest des Gemüses.
  3. Geben Sie den Cima di rapa ins kochende Nudelwasser.
  4. Schneiden Sie den Knoblauch grob in Scheibchen, lassen Sie die Sardellen abtropfen und schneiden Sie sie in Scheiben.
  5. Geben Sie Knoblauch, Sardellen und Peperoncino in eine Pfanne mit Öl. Dort müssen Sie die Zutaten anbraten.
  6. Fügen Sie nachdem etwa sieben Minuten mit Anbraten vergangen sind, den abgegossenen Stängelkohl oder den Broccoli zu (Wasser auffangen, nicht wegschütten!).
  7. Kochen Sie die Orecchiette in dem Wasser, in dem Sie zuvor den Kohl oder Broccoli gekocht haben.
  8. Gießen Sie, wenn die Pasta gar ist, das Wasser ab. Nach dem Abgießen geben Sie die Orecchiette aus dem Topf in die Pfanne und mischen alles gut durch (mit Salz und Pfeffer nach Bedarf abschmecken).
  9. Jetzt nach dem Abschmecken vor dem Servieren nur noch einen Schuss Olivenöl zugeben und in entsprechenden Portionen auf vorgewärmten Tellern anrichten. Zum Essen passt Primitivo.

Neben diesem traditionellen Rezept gibt es noch viele weitere regionale Spezialitäten mit der nicht nur in Süditalien überaus beliebten Pasta.

Außergewöhnlich: Orecchiette mit Ricotta und Zucchiniblüten

Orecchiette sind eine Pasta-Art aus Apulien in Italien.

Orecchiette sind eine Pasta-Art aus Apulien in Italien.

Dieses leckere vegetarische Frühlings- und Sommergericht ist etwas ganz Besonderes. Die Menge reicht für etwa vier Portionen.

Zutaten

  • 400 g Orecchiette*
  • 250 g Ricotta
  • 1 Bündel Zucchiniblüten (alternativ: 1 kleine Zucchini)
  • 1 Fenchelknolle
  • 2 Knoblauchzehen
  • 100 ml Weißwein
  • 2 EL Rosinen
  • 1 EL Weißweinessig
  • 3 EL grüne Pistazienkerne
  • 3 EL Olivenöl
  • 80 g geriebener Parmesan
  • Salz, Pfeffer

*Wenn Sie selbstgemachte Orecchiette anstelle von trocknen verwenden, brauchen Sie etwa 600 Gramm.

Zubereitung

  1. Weichen Sie im ersten Schritt die Rosinen in Essig und zwei Esslöffel lauwarmes Wasser ein.
  2. Erhitzen Sie einen Teelöffel Öl in einer ausreichend bemessenen Pfanne und rösten Sie die Pistazienkerne. Lassen Sie die Kerne danach abkühlen.
  3. Erhitzen Sie das Kochwasser. Kochen Sie dann die Pasta gemäß der Packungsanweisung in kochendem Salzwasser bissfest.
  4. Schälen und hacken Sie die Knoblauchzehen, schneiden Sie den Fenchel in feine Streifen (die grünen Spitzen hacken).
  5. Putzen Sie die Zucchiniblüten innen und außen und kürzen sie die Stiele. Zupfen Sie die Blüten dann in feine Steifen. (Wenn Sie statt der Blüten, ganze Zucchini verwenden, waschen Sie diese und schneiden Sie sie in hauchdünne Scheibchen).
  6. Jetzt müssen Sie Knoblauch und Fenchel in einer Pfanne in etwas Olivenöl anbraten. Würzen Sie alles mit ein wenig Salz.
  7. Geben Sie nach dem Dünsten von Knoblauch und Fenchel die Zucchini (Blüten oder Scheiben) und die Rosinen zu. Nach dem Dünsten mit Weißwein ablöschen und auf niedriger Hitze einkochen lassen.
  8. Gießen Sie das Kochwasser der Nudeln ab und geben Sie die Nudeln nach dem Abgießen mit in die Pfanne. Mischen Sie alles gründlich durch und schmecken Sie das Gericht bei Bedarf noch einmal ab.
  9. Anrichten: Jetzt nur noch auf vorgewärmte Teller geben, mit geriebenem Parmesan bestreuen und dann servieren.

Weitere beliebte Pasta-Varianten mit Orecchiette

  • Orecchiette ai Frutti di Mare: Der Salento liegt zwischen Adria und Ionischem Meer. Hier fernab vom Massentourismus wird die Orecchiette gerne mit Meeresfrüchten und Rucola serviert. Ein Gericht mit besonderem Geschmack.
  • Orecchiette con la rucola: In der Murgia im Hinterland von Apuliens Hauptstadt Bari entwickelte sich eine weitere Nudelspezialität mit Orecchiette. Neben Rucola kommen hier Tomaten, Chili und Oliven in die Sauce. Je frischer die Tomaten, desto leckerer ist das Gericht.

Kurze Anmerkung: Salz und Pfeffer sind zwei Zutaten, die im deutschsprachigen Raum fast schon unzertrennlich sind. In italienischen Rezepten mit der Öhrchen-Nudel ist Pfeffer allerdings kaum zu finden. Zum Würzen wird er eher selten genutzt. Schmecken Sie daher für ein authentisches Geschmackserlebnis eher vorsichtig ab und setzen Sie Pfeffer eher mit Bedacht ein. Beim Olivenöl, das in italienischen Rezepten gerne verwendet wird, sollten Sie auf gute Qualität achten.

Worauf sollte ich beim Kauf achten?

Die originale Pasta wie in Italien wird immer aus Hartweizengrieß hergestellt. Achten Sie beim Kauf also darauf, dass bei der Herstellung ausschließlich Semola di grano duro zum Einsatz kam. Zudem ist auch Bio-Orecchiette problemlos im Handel zu finden.

Durch welche Pastasorten kann Orecchiette ersetzt werden?

Haben Sie für Ihr Gericht gerade keine Orecchiette zur Hand, können Sie diese beispielsweise durch die Pastasorten Conchiglette oder Tubettini ersetzen.